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Made in America

von Arne Jungjohann

Dieser Tage staunt man nicht schlecht als Europäer in Washington. Da wird ein Konjunkturprogramm von rund 790 Milliarden Dollar just in dem Land angeschoben, in dem den Märkten noch immer grundsätzlich viel zugetraut, dem Staat aber gerne misstraut wird. Und während im deutschen Konjunkturpaket die einzig umweltrelevante Maßnahme eine zweifelhafte Abwrackprämie für Altautos ist, werden in den USA schon bald Milliarden in die ökologische Modernisierung des Landes investiert.

Verkehrte Welt?

Schon im Wahlkampf hat Barack Obama die ökologische Innovation und den Umbau des Energiesystems ins Zentrum seiner innenpolitischen Agenda gerückt. Statt in Zeiten der Wirtschaftskrise den Umweltschutz hintanzustellen, denkt die neue US-Regierung die wirtschaftliche mit der ökologischen Modernisierung zusammen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. So sind im Konjunkturpaket insgesamt mehr als 80 Milliarden Dollar für die Ökologisierung der Infrastrukturen vorgesehen: 18 Milliarden für den Ausbau der Energienetze, mehr als 22 Milliarden für Altbausanierung und Energieeffizienz, 16 Milliarden für die Bahn und mehr als 20 Milliarden für erneuerbare Energien.

Doch Geld allein wird für einen echten Strukturwandel nicht ausreichen. In einem atemberaubenden Tempo hat Obama in den ersten vier Wochen seiner Amtszeit per präsidialer Vollmacht die Umweltbehörde EPA gestärkt und den Bundesstaaten grünes Licht dafür gegeben, strengere Verbrauchsstandards für PKWs einzuführen. Die harten Auseinandersetzungen über Amerikas grünen Kurs stehen allerdings noch bevor. Zwar verfügen die Demokraten in beiden Kammern des Kongresses über eine Mehrheit, doch werden Debatten zur Einführung einer erneuerbaren Energienquote, zum Aufbau des Emissionshandels oder zur Beteiligung der USA an einem internationalen Klimavertrag auch im demokratischen Lager höchst kontrovers diskutiert.

Und was macht die Wirtschaft?

Kalifornien hat schon zu Zeiten der Bush-Regierung die Grüne Revolution ausgerufen. Das Start-up-Unternehmen Project Better Place hat das so einfache wie brillante Konzept entwickelt, Elektroautos wie Handys zu vermarkten: Verkauft werden Strom und Batterien über die Vertragslaufzeit, das Auto von Nissan gibt es fast für lau dazu. Israel, Dänemark und Hawaii werden als Pioniermärkte ab 2011 in Angriff genommen.

Keine fünf Meilen von Project Better Place entfernt investiert der Web-Riese Google Millionen in die intelligente Nutzung erneuerbarer Energien. Den Mitarbeitern wird ein Bonus beim Kauf eines Plug-in-Hybrids gezahlt. Über Nacht werden die Batterien der Fahrzeuge aufgeladen, tagsüber der überschüssige Strom aus den Autos zurück ins Netz gespeist. Der Verkauf zur nachfragestarken Mittagszeit beschert Google nicht nur gute Umsätze, sondern hilft dabei, das oft überlastete kalifornische Stromnetz zu stabilisieren.

Aber es sind nicht nur die üblichen Verdächtigen aus dem Silicon Valley, die von sich reden machen. Der Öl-Milliardär T. Boone Pickens plant massive Investitionen in Windkraft, um die Abhängigkeit von Ölimporten zu reduzieren. Der Republikaner will einen Wind-Korridor errichten, der sich von der kanadischen Grenze bis nach West-Texas zieht. Dass dabei gutes Geld zu verdienen ist, steht außer Frage. Schon heute speisen Windfarmen in Texas den Strom fast zum Nulltarif ins Netz, weil die Windlage so ertragreich ist und die Anlage über die Steuererstattung der Investition bereits gegenfinanziert wurde.

Nach acht Jahren umweltpolitischer Durststrecke ist die grüne Aufbruchstimmung in den USA mit den Händen greifbar. Das Investitionspaket mit seinen Milliarden für grüne Infrastrukturen wird von vielen aus der Umweltbewegung schon jetzt als historischer Meilenstein gefeiert. Die Mischung aus viel Geld, neuem politischen Willen und einer kreativen business community legt den Grundstein für ein grünes Amerika.


Arne Jungjohann ist Mitarbeiter im Washingtoner Büro der Heinrich-Böll-Stiftung.

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